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Die Geheimnisse des Pfarrers / 1857 Urner Wochenblatt, Nr. 71 Turmknopfinschrift der Kirche Bauen von 1857 Von Hans Stadler-Planzer Die Geheimnisse des Pfarrers Die Kirchgemeinde Bauen hat sich 2005 entschlossen, ihr Gemeinde- und Pfarrarchiv ordnen und inventarisieren zu lassen. Eine kleine Lesefrucht aus dem reichen Pfarrarchiv ist die Turmknopfschrift von 1857. Sie wurde von Pfarrer Michael Gisler verfasst. Er verrät seine Geheimnisse. Bemerkenswert ist, dass er eine relativ wohlhabende Gemeinde angetroffen hat. Die ältesten Spuren einer Kapelle in Bauen reichen ins 14. Jahrhundert zurück. Dr. Helmi Gasser hat in ihrem unschätzbaren Kunstdenkmälerinventar die Geschichte des Gotteshauses nachgezeichnet. Bauen gehörte ursprünglich zur weit ausgedehnten Landespfarrei Altdorf Zusammen mit Seedorf löste sie sich 1591 ab und war seither eine Kaplanei der Pfarrkirche St. Ulrich und St. Verena von Seedorf. Seit 1696 amtete im kleinen Dorf in der Seebucht ein Kaplan, für den die Kapellengenossen 1709 ein stattliches Pfrundhaus mit Schulstube bauten. Es wäre erstaunlich, wenn die abgeschiedene und auf sich selber angewiesene Dorfschaft nicht bald auch die Unabhängigkeit von Seedorf angestrebt hätte. War doch der Wasserweg nach Seedorf oft gefährlich, besonders beim Föhnsturm, und der Landweg über die Bärchi und durchs Isental beschwerlich. Pfarrei seit 1802 Ausgerechnet in der aufgewühlten Franzosenzeit erreichten die Leute von Bauen ihr Ziel. Das ist eigentlich nicht so erstaunlich. Denn die helvetischen Behörden waren den Ideen der Freiheit, Gleichheit, Selbstständigkeit nicht abgeneigt. Die Bauener wussten diese Umstände geschickt für sich auszunützen und reichten entsprechende Vorstösse ein. 1799 erhielten sie die Erlaubnis, in Bauen zu taufen und zu beerdigen. Und schon 1802 erfolgte die förmliche Loslösung von Seedorf und die Erhebung zur Pfarrei. Schönstes und bleibendstes Zeugnis dieses für Bauen sehr wichtigen Ereignisses ist die Pfarrkirche St. Idda. Sie wurde im Anschluss an die Abkurung erbaut und konnte 1812 eingeweiht werden. Viel Interessantes über die Familie Infanger Als kleine Lesefrucht aus dem reichen Pfarrarchiv sei für interessierte Leser die Turmknopfschrift von 1857 publiziert. Sie wurde von Pfarrer Michael Gisler verfasst. Pfarrer Gisler wirkte von 1857 bis 1859 als Hirt der kleinsten Urner Pfarrei. In seine erste Amtszeit fiel die Renovation des baufällig gewordenen Kirchturmes. Nach alter Übung verfasste er eine Schrift, um sie in den neu vergoldeten Turmknopf zu legen. Wir Nachgeborenen dürfen nun erfahren, welche Geheimnisse den Pfarrer damals bewegten, welche Dinge er für so wichtig erachtete, dass er sie dem Turmknopf anvertraute. Bemerkenswert ist, dass Pfarrer Gisler eine relativ wohlhabende Gemeinde antraf, wo "Herr Miser" kaum anzutreffen war. Ja, im Gegenteil, nach dem Urteil des Seelsorgers soll einer der reichsten Urner in Bauen wohnen. Ob diesem Urteil die Altdorfer Magistraten zugestimmt hätten, wage ich allerdings zu bezweifeln. Die Schrift verrät weiters viel Interessantes über die Familie Infanger, deren Vorfahre Andreas Infanger als eigentlicher Schöpfer der neuen Pfarrkirche und zusammen mit dem ersten Dorfpfarrer Bumbacher als Vater der Abkurung gelten darf. Schliesslich führt der Pfarrer einige Lebensmittelpreise an und lässt sich aus über das Wetter des vergangenen Sommers. Doch lesen wir selber, wie sich Pfarrer Gisler äussert. Die Schreibweise des Originals wurde beibehalten. Die Turmknopfinschrift ... Im Namen der allerhochheiligsten Dreifaltigkeit zur Verherrlichung des heiligsten und unbefleckten Herzens Maria und im Vertrauen auf die Fürbitte der heiligen Idda, des heiligen Stephans, thue ich, Michael Gisler, unwürdigster Pfarrer allhier, kund und zu wissen, dass der hiesige Kirchthurm im Jahre 1857 Ende Augusts ist ausgebessert und angestrichen worden. Der diese Arbeit übernommen und bei herrlichem Wetter in 10 Tagen glücklich vollendet, war Michael Truttmann von Bürglen, der einige Jahre früher die Kirchthürme in Bürglen, Erstfeld und Seedorf ausgebessert hat. Hierfür hatte er nebst freier Kost an Lohn 1 Gulden oder Franken 1.76 per Tag. Die Reparatur kostete die Kirche Franken 100, von denen aber für Vergoldung des Thurmknopfes und des Kreuzes Franken 70 verwendet werden mussten. Dies ist alles bezahlt worden von Andreas Aschwanden ledigen Standes, der dazumal Kirchenvogt war. Der Verfasser des ältern Schreibens, Andreas Infanger, des Raths, welcher bei dem Kirchenbau vorzüglich thätig war, lebte damals nicht mehr, wohl aber seine Ehefrau Maria Anna Weber in einem Alter von 79 Jahren. Obgemeldter Rathsherr hinterliess 5 Kinder, 4 Söhne und eine Tochter. Einer von den Söhnen ist nun gegenwärtig Pfarrer in Flüelen, neben dem ich 6 Jahre alldort als Pfarrhelfer wirkte. Ein anderer bekleidet die Würde eines Kantonsstatthalters schon mehrere Jahre, ein dritter ist Rathsherr in hiesiger Gemeinde und bewohnt das väterliche Haus, der 4te endlich lebt in Altdorf bei seinem Bruder, dem Statthalter. Die Gemeinde Bauen, die kleinste des Cantons, zählend ungefähr 170 - 180 Seelen, ist verhältnismässig eine von den wohlhabendsten, ein Beweis mit Namen, Caspar Aschwanden soll einer der ersten im Kanton dem Vermögen und Viehstand nach seyn. Während fast in allen Gemeinden die Armennoth gross ist, befinden sich hier wenige Arme. In dem halben Jahre, wo ich hier weile, hat mich kein Armer der Gemeinde um Allmosen angesprochen. Der Sommer in diesem Jahre war ein ausserordentlich heisser und trockener, aber doch im Allgemeinen fruchtbarer. Obst gabs sehr viel, Korn, Kartoffel viele und gute. Die Lebensmittel sanken in ihren Preisen. Das Brod 4 Pfund kostete 65 - 70 Centimes. Birnen wurden für 1 Franken das Viertel verkauft, während sie im Jahre 1856 bis 4 Franken das Viertel verkauft wurden. Der hiesige Pfarrhof wurde unter meinem Vorfahrer, Herr Anton Zimmermann renoviert und soll ungefähr 2300 Franken gekostet haben. Derselbe Herr Zimmermann war ein vortrefflicher Kanzelredner, hier sehr beliebt, aber von sehr schwachlicher Gesundheit, weshalb er eine Professoren Stelle in Altdorf mit der hiesigen Pfarrei vertauschte. Im Uebrigen ist nichts aus hiesiger Gemeinde von besonderem Interesse aufzuzeichnen. Drum zum Schlusse dieser einfachen Notizen noch die Bitte an die diese Zeilen Lesenden, des Schreibers derselben sowie der zu dieser Zeit lebenden Pfarrgeistlichen im Gebete eingedenk zu seyn, damit sie den Frieden, die ewige Ruhe und Glückseligkeit jenseits durch Gottes Barmherzigkeit erlangen, nach der sie hienieden sich sehnten. Bauen, den 29. August 1857. Mich. Gisler, Pfarrer allhier." |
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