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1911 September / Um den Gotthard herum

Urner Wochenblatt (früher: Katholisch-Konservatives Volksblatt für den Kanton Uri)

Mittwoch, 28. September 1911

35. Jahrgang

Um den Gotthard herum toste 2 Wochen lang der Kriegslärm. Die Gemsjäger dieses Gebietes können ruhig ihre Flinten wieder einfetten und in der Kammer an den Nagel hängen, sie brauchen kein Pulver und kein Blei mehr, denn von der anhaltenden Knallerei ist das Gemswild scheu geworden und zieht sich in die unzugänglichsten Klüfte zurück.

Sieggekrönt kehrten letzten Freitag die Urner und Unterwaldner aus dem Tessin zurück. Sie haben in den Tagen vom 12. - 15. September gezeigt, dass sie eine Elitetruppe sind, die weder durch Mühseligkeiten noch durch gewaltige Anstrengungen unterzukriegen ist; sie haben gezeigt, dass die Wacht am Gotthard in guten Händen ist.

Die Gotthardmanöver, die sich um die Festungen der Südfront abgespielt, haben erstlich die Notwendigkeit einer im Gebirge trainierten Truppe dargetan und noch mehr die Notwendigkeit, jene Truppen, denen die Verteidigung der Festungswerke in ersten Linie obliegt, an Ort und Stelle auszubilden, damit sie mit dem Gelände durchaus vertraut werden.

Die Kriegslage am Mittwoch abend ist hier gezeichnet worden. Dem Kommandanten der angreifenden roten Armee, Hr. Oberstlt. Rieser, war es gelungen, die Verteidiger jenseits Airolo unter die Festungswälle zurückzuwerfen. Der Verteidiger hatte ihm dies, sofern man die Artillerie ausser Betracht lässt, ziemlich leicht gemacht. Es mangelte ihm an einer richtigen Ausnützung des Geländes, das ganz vortreffliche Verteidigungsstellungen in grosser Zahl bietet, es wurden wichtige Stellungen zu rasch verlassen und andere, die sich auf dem Rückzuge geboten hätten, nicht benutzt. Dann mangelte es an Wachsamkeit, was ermöglichte, dass die Verteidiger mehrere Male einfach überrumpelt werden konnten. Gelungen war die Episode, wo die 87er eine blaue Küche gerade in dem Momente des Abkochens überraschten und die ganze suppenerwartende Gesellschaft vertrieben, um sich selbst hinter die Speise zu machen.

Die Verteidigung hatte Mittwoch abends die Stellung Tessin-Madirolo-Stai besetzt und sich teilweise in feste Stellungen eingegraben. Das Ba. 87 versuchte Madirolo, den Schlüsselpunkt der Stellung zu nehmen und gegen die dahinter liegenden Festen Fondo del Bosco und Motto Bartola vorzugehen. Diese Aufgabe wurde ihnen vom Verteidiger merkwürdig erleichtert. Die 87er, müde und schlafbedürftig, mindestens ebenso sehr wie die andern, wachten aber dennoch und waren zu kühnen Taten bereit. Wohl bestrichen die Scheinwerfer der Forts die Gegend, wohl donnerten alle Augenblicke die Kanonen der Forts; aber die terrainkundigen Urner wussten gedeckt vorzugehen, sodass sie gar nicht bemerkt wurden; unter Stugi, dessen Kanonen hart ob ihren Köpfen in die Nacht hinaus pülverten, zog eine Kompagnie gemütlich und in aller Sicherheit durch und bewegte sich auf Motto Bartola zu. Sie fand in den Gräben schlafende Landwehrmannen und war so rücksichtsvoll, den Schlummer der Müden nicht zu stören; vor dem obern Fort schliefen zwei Kompagnieen den Schlaf der Gerechten in den Baracken. Die Mannen wurden kurzerhand eingeschlossen, dann durch Gepolter geweckt - die Szenen, die sich da abspielten, sollen rein zum Wälzen gewesen sein. So kam es, dass morgens gegen Tagesanbruch die Angreifer Herren der gegnerischen Stellungen waren, worauf der Kommandant der blauen Truppen den Befehl gab, die Forts zu verlassen und sich auf den Gotthard zurückzuziehen. Auch den 47ern war es nämlich gelungen, vom Tessin her fast unbemerkt bis an das Fort Fondo del Bosco heranzukommen; nur die Wachsamkeit eines Artilleristen verhinderte die Überrumpelung.

Die Kritik, die Herr Oberstdivisionär Brügger auf Madirolo hielt, war denn auch ein Gericht. Vor allem erhielt der Kommandant der Verteidigung einen schärfsten Rüffel für seinen Rückzugsbefehl. Dann wurden die gemachten Fehler beiderseits gerügt, auch die Angreifer mussten sich sagen lassen, dass sie die Artillerie der Verteidigung öfters zu wenig beachtet - es knallte eben nur und die eisernen Kübel mit und ohne Inhalt pfiffen nicht durch die Luft - daneben wurde den Gotthardtruppen und den beidseitigen Spezialwaffen hohes Lob erteilt, dass sie ihrer Aufgabe voll und ganz gerecht geworden seien. Oberstdivisionär Schiess, Stellvertreter des zu den österreichischen Manövern abgeordneten Generalstabschefs Oberst v. Sprecher, hob hervor, dass die Manöver die Notwendigkeit einer speziellen Gebirgstruppe zur Evidenz dargetan.

Wenn die Schlacht für die Verteidiger unglücklich ausfiel, so war neben einer von Anfang an mangelhaften und zu wenig klaren Befehlsgebung auch die Ungewohntheit der Verteidiger im Gebirge schuld daran. Die 114er, eine tüchtige und kräftige Mannschaft, befand sich meist zum ersten Male im Gebirge und kannte eben dessen Tücken und Eigentümlichkeiten nicht, die Mannschaft ebenso wenig wie die Offiziere, während von den Angreifern jeder Mann vom Oberbefehlshaber bis zum jüngsten Soldaten dem Gelände von Aiorolo selbst bekannt war wie mit dem eigenen Hosensack. Das macht einen enormen Unterschied aus.

Genug, die bisherige Gotthardtruppe hat sich als eine ganz vorzügliche Mannschaft ausgewiesen, die zu allen andern Eigenschaften eine grosse Ausdauer und Zähigkeit besitzt. Diese ist nicht von gestern auf heute erworben worden, sondern die zahllosen Strapazzen, gar oft anscheinend unnütze, die "Hungerkuren" und die Bivouaks in luftigen Zelten auf kalten Höhen, all das hat nach und nach die Urner und Unterwaldner zu einer Truppe erzogen, die in jedem Fall und in jeder Lage zuverlässig ist. Nur schade, dass die alten Kameraden vom 47 nun aus dem Gotthardverbande ausscheiden. Doch die erworbenen Eigenschaften der 47 werden ihnen auch im andern Verband zugute kommen.



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